Richard Kühnau: Śląscy Grimmowie

wochenblatt.pl 3 godzin temu
Zdjęcie: Marek Dziony präsentiert sein Werk. Foto: Alesia Kussmaul


Ein Gespräch mit Marek Dziony, Leiter der Eichendorff-Bibliothek, über das neuste Buchprojekt und die Bewahrung eines kulturellen Erbes, führte Alesia Kussmaul.

Marek Dziony präsentiert sein Werk.
Foto: Alesia Kussmaul

Welche Buchprojekte sind für dieses Jahr geplant?

Ein Buchprojekt, das in diesem Jahr bereits zum vierten Mal fortgesetzt wird, ist die Übersetzung und Herausgabe der „Schlesischen Sagen“ von Richard Kühnau. Der vierte Teilband soll spätestens im September erscheinen und Leser können sich über Erzählungen über den Teufel, Riesen und Drachen freuen. Es ist mir ein großes Anliegen, alle 11 Bände ins Deutsche und Polnische zu übersetzen. Seit der ursprünglichen Veröffentlichung durch Kühnau, der 1931 verstorben ist, wurden die Sagen nicht neu aufgelegt. Wir sind die Ersten die, die Sagen in einer vollständigen Neuauflage zweisprachig veröffentlichen!

Wie war die Resonanz der Leser auf die ersten Bücher?

Der erste Band war direkt zu Beginn vollständig ausverkauft. Wir arbeiten nun daran, ihn bis Mitte des Frühlings neu aufzulegen, dann wird er zu einem regulären Preis wieder erhältlich sein. Das Interesse wächst weiterhin, und das freut mich sehr. Ein weiterer Erfolg war, dass sich im Jahr 2023 die Deutsche Nationalbibliothek bei uns gemeldet hat. Sie möchten ebenfalls ein Exemplar des Buches erhalten, da es ihnen wichtig ist, dass es in ihrem Bestand ausgestellt und gesammelt wird. Seitdem schicken wir jedes Jahr ein neues Exemplar. Das zeigt wirklich, dass die Arbeit wertgeschätzt wird und sich lohnt. Es erfüllt mich mit großer Freude.

Alle drei Teilbänder der „Schlesischen Sagen“ auf einen Blick.
Foto: Alesia Kussmaul

An welche Zielgruppe richtet sich die Buchreihe?

Das Interesse an den schlesischen Sagen ist vom Alter unabhängig, da diese derzeit eine Art Renaissance erleben. Richard Kühnau war der „schlesische Grimm“, da er für Schlesien das getan hat, was die Brüder Grimm für ganz Deutschland getan haben. Durch seine Arbeit sind mehrere tausend Sagen erhalten geblieben, und er hat einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet, einen großen Teil der deutschen und schlesischen Kultur vor dem Vergessen zu bewahren. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren in Niederschlesien die Veränderungen so weit fortgeschritten, dass die Sagen nicht mehr weitergegeben wurden. Spätestens mit dem Zweiten Weltkrieg, als die deutsche Bevölkerung aus dem Osten vertrieben wurde, wären diese Sagen auch aus den sowjetischen Gebieten verschwunden. Mein Anliegen war es, insbesondere die jüngere Generation mit diesen wertvollen Erzählungen vertraut zu machen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich zu Beginn meiner Arbeit in der Bibliothek das Thema schlesische Sagengestalten anbot. Als ich die Kinder fragte, ob sie den Wassermann, den Utopek kannten, wussten sie nichts mehr darüber. Genau in diesem Moment kam mir die Idee, mehr zu tun, um diese Geschichten am Leben zu erhalten. Deshalb fiel unsere Wahl auf Kühnau, der als Grundlage für die schlesische Sagenforschung gilt.

Was bereitet Ihnen bei dem Buchprojekt am meisten Freude?

Ich habe großen Spaß an der Redaktion, aber auch beim Übersetzen. Es ist eine spannende Herausforderung, trotz der Schwierigkeiten, die beim Übersetzen auftreten. Besonders die Eigennamen von Ortschaften, die nicht mehr existieren, stellen eine Herausforderung dar. Letztes Jahr zum Beispiel gab es Sagen über die „Drulen“, weibliche Gestalten. Lange habe ich nach einer passenden Übersetzung ins Polnische gesucht. Manchmal behalten wir den ursprünglichen Namen bei, manchmal finden wir passende Entsprechungen. Es kann auch der Fall sein, dass der deutsche Name besser in der polnischen Übersetzung klingt, oder wir wählen eine typisch schlesische oder polnische Entsprechung, je nachdem, wie es sich anhört. Aber trotz der Herausforderungen macht es mir unglaublich viel Spaß, vor allem, weil ich weiß, dass die Sagen auf diese Weise erhalten bleiben

Marek Dziony: „Richard Kühnau war der ‚schlesische Grimm‘, da er für Schlesien das getan hat, was die Brüder Grimm für ganz Deutschland getan haben.“

Warum ist es wichtig, die schlesischen Sagen zu bewahren und weiterzugeben?

Es ist mir ein besonderes Anliegen, das Buch zu veröffentlichen und die Sagen weiterhin bekannt zu machen, da sie ein wesentlicher Bestandteil unserer Identität sind. Was wir heute als Bewohner Schlesiens der deutschen Minderheit sind, ist untrennbar mit einem Kulturerbe verbunden, zu dem diese Sagen über Jahrhunderte hinweg beigetragen haben. Früher waren die Sagen ein bedeutender Teil des Lebens der Menschen und prägten ihren Alltag. Bis ins 19. Jahrhundert hinein glaubten viele, dass diese mystischen Gestalten – wie der Wassermann oder verschiedene Geister – tatsächlich existierten. Diese Überzeugungen hatten einen starken Einfluss auf das Leben, die Erziehung und auch auf das Glaubensverständnis der Menschen. Aus diesem Grund ist es mir so wichtig, dass wir unser Kulturerbe bewahren und es nicht verloren geht.

Wie bringen Sie den Kindern die schlesischen Sagen näher?

Jedes Jahr organisieren wir für Kinder eine besondere Veranstaltung zu einer neuen schlesischen Sage. Unser Ziel ist es nicht nur, die neuen Teilbände zu verteilen und den Kindern die Sagen näherzubringen, sondern ihnen das Wissen auch aktiv zu vermitteln. Vorlesen allein ist zwar schön, doch um echtes Interesse zu wecken, müssen die Kinder die Geschichten selbst erleben. Deshalb gestalten wir Veranstaltungen zu den Büchern.
Jedes Jahr steht ein anderes Thema im Mittelpunkt: Im ersten Jahr präsentierten wir eine Auswahl verschiedener schlesischer Sagen, im zweiten Jahr widmeten wir uns den „weißen Damen“, im dritten Jahr den „Irrlichtern und Feuermänner.“ Letztes Jahr drehte sich alles um die Wassermänner, und dieses Jahr stehen die schlesischen Zwerge im Fokus.

Alle Buchcover der drei Teilbänder.
Foto: Alesia Kussmaul

Ein besonderes Highlight war die Gruselnacht im letzten Jahr. Am 25. Oktober 2024 verwandelten wir die Bibliothek in einen Escape Room mit Aufgaben, die es zu lösen galt, um am Ende einen Schatz des Wassermannkönigs zu finden. Die aufwändige Vorbereitung hat sich gelohnt: Die Kinder kamen verkleidet als Wassermänner, Wassernixen und Hexen – mit grüner Schminke, roten Kappen und Hosen – und sorgten für eine eindrucksvolle Atmosphäre. Wir dekorierten auch die Bibliothek, damit es aussah wie an einer Wasserlandschaft. Besonders schön war der Einsatz der Jugendlichen, die freiwillig mithalfen. Als ich sie fragte, ob sie dabei sein wollten, kam die Antwort ohne Zögern: „Ja, machen wir! Sag einfach wann!“ Das hat mich sehr gefreut.

Gibt es einen bestimmte Sagenband, der Ihnen besonders am Herzen liegt?

Es ist schwer zu sagen, aber im ersten Teil haben mir besonders die Sagen über die „Weiße Dame“ gefallen, und im zuletzt erschienen Teilband die Geschichten über den Wassermann, den Utopek. Diese Sagen kenne ich gut, da sie in Oberschlesien weit verbreitet waren. Zwar begegnet man diesen Sagengestalten in verschiedenen Regionen Schlesiens, aber sie sind oft mit einer bestimmten Ort verbunden. Im dritten Band finden sich viele Sagen aus meiner Heimatregion, und es macht wirklich Spaß, wenn man entdeckt, dass eine Sage aus einem benachbarten Ort stammt, den man selbst kennt. Deshalb gefallen mir diese Sagen so sehr, weil sie auch ein Teil meiner Kindheit sind.

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